Am letzten Wochenende vor Weihnachten ist es wieder so weit, der UCI Weltcup macht Station in der Wallonie. Auf dem Hügel der Citadelle de Namur findet eines der schwersten Rennen der gesamten Cross-Saison statt. Nicht nur, dass der Boden von den um diese Jahreszeit regelmässigen Regenfällen stets relativ tief ist, sondern vor allem die Wehrhaftigkeit der Zitadelle durch ihre Lage auf einem recht unwirtlichen Hügel macht dieses Rennen zu einer Herausforderung auch für die absoluten Spitzenfahrer.
Auch wenn mit Sven Nys und Klaas Vanthourenhout zwei der ganz grossen Namen auf einen Start verzichten mussten, so ist dieser Weltcup eigentlich immer der erste grosse Test vor den Weltmeisterschaften. Hier treffen oftmals zum ersten Mal in der Saison alle grossen Favoriten aufeinander. So wählte dieses Jahr dann auch Weltmeisterin Marianne Vos die Zitadelle von Namur zu ihrem Einstieg in die Cross-Saison.
Bei den Junioren gab es eine kleine Überraschung, als der junge Schweizer Johan Jacobs vor Eli Iserbyt gewann. Zum ersten Mal in dieser Saison beendete der Europameister ein Rennen bei dem er startete nicht als Sieger. Komplettiert wurde das Podium durch den Dänen Simon Andreassen.
Im Rennen der U23 kam es wieder einmal zum Duell der beiden Überflieger Mathieu van der Poel und Wout van Aert. Der Sohn von Ex-Weltmeister Adrie van der Poel hatte auf einen Start in Essen bei dem Rennen der bpost bank trofee verzichtet, um sich voll und ganz auf den Weltcup zu konzentrieren. Sein Konkurrent dagegen war gestern bereits erfolgreich und konnte das Rennen in Essen bei der Elite siegreich beenden. So sollte van der Poel theoretisch ausgeruhter sein und von daher auf dem schweren Parcours den Vorteil auf seiner Seite haben.
Es überraschte also nicht, als Mathieu van der Poel zu Beginn das Heft des Handelns an sich riss und schnell die Führung übernahm. Aber er konnte sich nicht entscheidend vom Weltmeister absetzen, der wieder einmal ein taktisch kluges Rennen fuhr. Van der Poel versuchte es nun mit aller Gewalt, was auf dem technisch anspruchsvollen Kurs prompt bestraft wurde. Als er in einer kleinen Abfahrt zu Fall kam, war der Weg frei für Wout van Aert, der sofort begann einen Vorsprung herauszufahren. Van der Poel versuchte zwar seinerseits wieder aufzuschliessen, machte durch seine Bemühgungen aber einige kleine Fehler, die schlussendlich im Schräghang mit einem weiteren Sturz bestraft wurden. Hierdurch fiel der Niederländer zwischenzeitlich auf den vierten Platz hinter Laurens Sweeck und Michael Vanthourenhout zurück. Während Wout van Aert unbeirrt seine Runden zog, konnte sich Mathieu van der Poel in der letzten Runde noch auf den zweiten Platz vorarbeiten. Laurens Sweeck sicherte sich den letzen Podiumsplatz vor Michael Vanthourenhout. Durch seinen Sieg übernahm Wout van Aert auch die Gesamtführung im Weltcup von Michael Vanthourenhout.
Bei den Damen wurde der Saisoneinstieg von Weltmeisterin Marianne Vos mit Spannung erwartet. Vos, die in dieser Saison sehr viel als Botschafterin für das Damenradrennen unterwegs war, hatte sich den Weltcup in Namur als erstes Rennen auf ihrem Weg zur Titelverteidigung ausgesucht.
So war es dann auch die sympathische Niederländerin, die die ersten Akzente dieses Rennens setzte und bereits in der ersten Runde die Führung übernahm. Katie Compton, die Siegerin der beiden letzten Austragungen, erwischte einen schlechten Start und begann das Rennen relativ weit zurückliegend. Marianne Vos führte das Rennen lange Zeit souverän an, aber zwei Runden vor Schluss musste sie ihrer noch fehlenden Rennpraxis Tribut zollen und zusehen, wie die Tschechin Katharina Nash zunächst zu ihr aufschloss und anschliessend die Führung übernahm, die sie bis ins Ziel noch ausbauen konnte. Katie Compton errang nach starker Aufholjagd noch den dritten Platz.
Europameisterin Sanne Cant, die in dieser Saison bereits etliche Siege einfahren konnte, kam auf dem Parcours, der ihr nicht besonders liegt, als Sechste ins Ziel und verteidigte damit ihre Führung im Gesamtweltcup.
Bei der Elite ging Kevin Pauwels mit einem beruhigenden Vorsprung in das Rennen auf einer Strecke, die seinen Fähigkeiten entgegen kommt. Obwohl Pauwels einen relativ schlechten Start erwischte, gab es für den Sieger von 2012 daher keinen Anlass nervös zu werden.
Die ersten beiden Runden wurden dann auch von den beiden überraschend stark fahrenden Marcel Wildhaber (Schweiz) und Sascha Weber dominiert. In der dritten Runde versuchte Tom Meussen, der am Vortag in seinem Heimatort Essen Zweiter hinter Wout van Aert gworden war, das Heft in die Hand zu nehmen und setzte einen Angriff. Zunächst sah es so aus, als könne er damit erfolgreich sein, als keiner der Favoriten meinte, reagieren zu müssen. Schliesslich machte sich jedoch Philipp Walsleben daran, den Ausreisser wieder einzufangen, und so wurde der Angriff von Tom Meeusen neutralisiert. Während der Essener seinen Anstrengungen vom Vortag Tribut zollen musste, kam nun die Zeit von Lars van der Haar und Kevin Pauwels, die jetzt das Tempo hoch hielten. Van der Haar konnte zunächst einen kleinen Vorsprung erkämpfen, wurde jedoch bald von Pauwels wieder eingefangen. Währenddessen war Philipp Walsleben auf Grund eines Problems mit seinem Schaltwerk weit zurückgefallen und musste sich nun mühsam wieder in die vorderen Ränge zurückkämpfen.
Als Pauwels und van der Haar in die letzten Runde gingen hatte sich der deutsche Meister bereits wieder auf neun Sekunden an die beiden Führenden herangekämpft, vermochte jedoch nicht mehr die Lücke zu schliessen. Kevin Pauwels forderte den niederländischen Meister mehrfach auf die Führung zu übernehmen, aber van der Haar zog es vor auf einen Fehler von Pauwels zu warten. Dies war ein taktischer Fehler, denn Pauwels verschärfte erneut das Tempo und zwang so seinerseits Van der Haar in Fehler, die dieser in der letzten Runde dann nicht mehr ausgleichen konnte. So gewann der Kalmthouter als erster Fahrer verdient nach 2012 zum zweiten Mal auf der Esplanade der Zitadelle. Lars Van der Haar konnte am Ende noch seinen zweiten Platz vor Philipp Walsleben verteidigen. Auch die beiden Helden der ersten Runden konnten sich über gute Ergebnisse freuen: Wildhaber beendete das Rennen auf Platz sechs und Weber wurde Neunter.
Mit seinem zweiten Weltcup-Sieg kommt Pauwels dem Gesamtsieg einen guten Schritt näher, baute er seine Führung auf den zweiten der Gesamtwertung Tom Meussen noch einmal deutlich aus. Pauwels führt nun mit 77 Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung also beinahe mit der Punktzahl, die es für den Sieg in einem Weltcup-Rennen gibt, und so könnte er bereits mit einem Sieg am 26.12. in Heusden-Zolder den Gesamtsieg im Weltcup erreichen.